Slow fashion: How green is a T-Shirt from the discounter?

SANVT Journal

SANVT wurde kürzlich in einem Artikel in der FAZ - "Frankfurter Allgemeine Zeitung" - einer der führenden deutschen Tageszeitungen - erwähnt. Der Artikel untersucht die tatsächlichen Kosten der (angeblich) nachhaltige Mode. Wir müssen wohl nicht erwähnen, dass wir uns freuen, als Alternative zur traditionellen Fast Fashion genannt zu werden. Der folgende Text ist eine wörtliche Übersetzung des deutschen Originalartikels, der von Natalia Warkentin geschrieben und in FAZ.net unter dem Titel "Wie grün kann ein Shirt für 2,99 Euro sein?" veröffentlicht wurde.

Wie grün kann ein T-Shirt für 2,99€ sein?  

Wie grün kann ein T-Shirt für 2,99 Euro sein?
Immer mehr Marken spezialisieren sich auf nachhaltige Mode und produzieren unter dem Label "Made in Europe". Selbst Discounter zeigen sich mittlerweile umweltfreundlich. Allerdings stellt sich die Frage, ob es grüne Mode wirklich um jeden Preis geben kann?

Als 2013 das Rana Plaza in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka einstürzte und mehr als 3.000 Menschen unter sich begrub, war der öffentliche Schock groß. Der schwerste Unfall in der Geschichte des Landes mit über 1.100 Toten war die Folge von Missmanagement und einer schnelllebigen Textilindustrie, die auf Ausbeutung beruht und keine Mindeststandards einhält. Die Arbeiterinnen und Arbeiter in Rana Plaza produzierten Textilien für Modegiganten wie Benetton, KiK und Mango. Die Katastrophe löste Proteste und Boykottaufrufe aus. Mehrere große Fabriken wurden geschlossen.

Der Originalartikel wurde von Natalia Warkentin für FAZ.net geschrieben - veröffentlicht am 4. August.

Die Modeindustrie ist nach "Öl und Benzin" der zweitgrößte Umweltverschmutzer der Welt und produziert vor allem seit Anfang des Jahrtausends gigantische Mengen an Müll und CO2. Im Schnitt kauft jeder Deutsche etwa 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr, trägt sie aber nur halb so lange wie noch vor 15 Jahren. Die Textilindustrie boomt - und immer häufiger wird die Kunstfaser Polyester eingesetzt, die aus nicht erneuerbarem Erdöl hergestellt wird. Mit nur einer Ladung dieser synthetischen Textilien können bis zu 700.000 Mikrofasern ins Abwasser gelangen. Kleidung ist billiger denn je, und die Hersteller gehen bei den Produktionsbedingungen, den Umweltschutzstandards - und der Qualität - Kompromisse ein. Gleichzeitig steigt die Zahl der Exporte von Altkleidern exponentiell an, und der Secondhand-Exportmarkt steht kurz vor dem Zusammenbruch. Einige Länder in Südamerika, Afrika oder Asien weigern sich bereits, Altkleider zu importieren.

Jetzt sind nicht mehr nur Lebensmittel "Bio" 

mmer mehr Menschen weigern sich, die Fast-Fashion-Philosophie zu unterstützen, und die Industrie folgt diesem Beispiel. Sie handelt jetzt mit einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein. Unternehmen wie H&M und Zara veröffentlichen jedes Jahr "Nachhaltigkeitsberichte". Die eingeleiteten und angekündigten Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen und sozialen Produktionsbedingungen beruhen jedoch auf freiwilliger Selbstverpflichtung.

Auch Discounter wie Aldi und Lidl verfolgen eine öffentlichkeitswirksame Nachhaltigkeitsstrategie. Nicht mehr nur Obst soll "Bio" sein. Wer die Website von Aldi Süd besucht, findet vielversprechende Dokumente mit Titeln wie "Detox-Verpflichtung", "Corporate Responsibility Principles" oder "Sozialstandards in der Produktion". Letztere lehnen sich an den "Global Compact" der Vereinten Nationen an, in dem sich Unternehmen verpflichten, Missstände wie Kinderarbeit oder Zwangsarbeit zu verhindern. Der Discounter wirbt auch mit dem "100 by Oeko-Tex Standard" - dieser garantiert allerdings nur die Schadstofffreiheit des Endprodukts und ist keineswegs ein Garant für Nachhaltigkeit (auch wenn er oft so verstanden wird). Der Aldi-Konkurrent Lidl ist da zurückhaltender. Lidl hat zwar Schulungen in Bangladesch, China oder der Türkei durchgeführt, aber das Grundprinzip ist "partnerschaftliche Unterstützung". Lidl will "durch Prävention und Unterstützung" nachhaltiger werden.

Wie grün ist ein T-Shirt vom Discounter?

Aber wie grün kann ein T-Shirt für 2,99 € eigentlich sein? Diese Frage bereitet auch Benjamin Heyd vom Mode-Start-up SANVT Kopfzerbrechen. Im Herbst letzten Jahres hat er seine Marke gegründet, die sich auf nachhaltige Mode spezialisiert hat. Seit vier Monaten verkauft er nun die T-Shirts und Hoodies von SANVT online. Die Basiskleidung wird in Portugal hergestellt. Von Anfang an konzentrierte sich Benjamin auf die Produktion innerhalb Europas und besuchte mehrere Standorte, bevor er sich entschied. In der Türkei fand er viele Lieferanten, denen es an Transparenz mangelte. "Mir ist es wichtig, dass unsere Shirts tatsächlich in der Fabrik unseres Partners produziert werden - und nicht bei irgendeinem Subunternehmer, zu dem ich weder Zugang noch Informationen habe". Transparenz wird auch von immer mehr Verbrauchern geschätzt. Intransparente Lieferketten sind oft unethisch und nicht nachhaltig, wie auch Benjamin Heyd meint: "Wenn Hersteller ihre Lieferketten nicht offenlegen wollen, haben sie in der Regel etwas zu verbergen".

Rosa, eine der dienstältesten Mitarbeiterinnen der portugiesischen Fabrik, arbeitet an der Produktion für SANVT.

Um Misstrauen vorzubeugen, setzen auch deutsche Marken wie Armedangels, die den Nachhaltigkeitsmarkt neu durchdacht haben und heute zu den Großen der sogenannten "Slow Fashion" gehören, auf transparente Produktionsbedingungen. Auf der Website von Armedangels findet man nicht nur die Produktionspartner, sondern es werden auch die einzelnen Produktionsstandorte in der Türkei detailliert beschrieben und die Mitarbeiter porträtiert. Doch auch wenn Armedangels nach eigenen Angaben ausschließlich mit zertifizierten Partnern zusammenarbeitet, ist die Türkei als Produktionsstandort nicht unumstritten.

Im Jahr 2014 veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Clean Clothes Campaign einen Bericht, der den Durchschnittslohn der rund zwei Millionen Arbeiter in der Textilindustrie in der Türkei auf 130€ bis 326€ bezifferte. Die Arbeiter in Istanbul werden besser bezahlt als die in den abgelegenen Regionen Anatoliens. Hinzu kommen übermäßige Überstunden und die Notwendigkeit, mehrere Jobs zu haben, wie die NRO in Umfragen festgestellt hat.

Um die Lieferwege zu verkürzen und das Markenzeichen "Made in Europe" zu nutzen, ist Osteuropa auch bei den Herstellern beliebt. Während in der Türkei alle Stufen der Lieferkette zu finden sind, sind die postsozialistischen Länder eher auf Zuschnitt und Näherei spezialisiert. Nirgendwo in Europa wird mehr Kleidung hergestellt als in Rumänien. Allerdings leben schätzungsweise 400.000 rumänische Arbeiter von durchschnittlich 230 € netto, was unter der lokalen Armutsgrenze von 283 € liegt. Auch hier werden - laut dem Bericht der Kampagne für Saubere Kleidung" - unbezahlte Überstunden von etwa 10-15 Stunden pro Woche geleistet. Das schlechte Image Rumäniens hält jedoch Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit bedacht sind, nicht davon ab, ihre Produkte dort produzieren zu lassen.

Das Thema "Bio-Baumwolle"

Das junge deutsche Label erlich textil hat den Anspruch, Kleidung in Rumänien zu produzieren. Statt auf konventionelle Baumwolle setzt das Unternehmen auf Baumwolle aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA). Bio-Baumwolle wird nicht mit Pestiziden gedüngt oder mit Chemikalien behandelt. Sie wird unter anderem in Indien angebaut, und die Nachfrage steigt stetig. SANVT-Gründer Benjamin Heyd hat sich bewusst gegen die vermeintlich umweltfreundlichere Variante entschieden und stattdessen die langlebigere Premium-Baumwolle aus extralangen Fasern (ELS) eingesetzt. "Während des Entwicklungsprozesses haben wir festgestellt, dass die Qualität der Bio-Baumwolle einfach nicht unseren Qualitätsansprüchen genügt. Er fügt hinzu, dass die Bio-Variante der konventionellen Baumwolle in Bezug auf die Umweltstandards überlegen sein kann, aber aufgrund der Produktion in Entwicklungsländern ist dies "sicherlich nicht immer der Fall, wenn es um soziale Aspekte geht".

Ein Mitarbeiter in einer der SANVT-Fabriken schneidet Stoff zu. Es wird eine Mischung aus manuellen und maschinellen Verfahren eingesetzt.

Armedangels kauft Bio-Baumwolle aus Indien. Aber Armedangels ist GOTS-zertifiziert. Der GOTS (Global Organic Textile Standard) ist international anerkannt und hat strenge Vorschriften. So muss ein GOTS-zertifiziertes Produkt zu mindestens 70-90% aus Bio-Baumwolle bestehen. Es werden Sozialstandards wie Mindestlöhne, Arbeitsverträge und das Verbot von Diskriminierung oder Zwangsarbeit vorgeschrieben. Außerdem haben die Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich in Gewerkschaften zu organisieren, um ihre Ansprüche durchzusetzen. In einem Vergleich der Stiftung Warentest vom Juli 2019 erhält der GOTS-Standard die höchste Bewertung. Dicht darauf folgt das Firmenlabel der Modekette C&A, die entsprechende Produkte mit "#wearthechange" kennzeichnet. Die Linie des Konkurrenten H&M Conscious schneidet dagegen nicht so gut ab und es gibt Lücken im Herkunftsnachweis.

Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können zunehmend selbst nachschauen, ob und inwieweit ein Zertifikat verlässliche Informationen über die Herkunft und Verarbeitung eines Kleidungsstücks liefert. Zu diesem Zweck hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die kostenlose App "Siegelklarheit" entwickelt. Um die Situation weiter zu verbessern, will Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) noch in diesem Jahr eine Art Meta-Zertifikat auf den Markt bringen. Ursprünglich für Juli 2019 geplant (jetzt aber schon im September), soll der "Grüne Knopf" sozial und ökologisch nachhaltige Textilien erkennbar machen. Die Verbraucherschützer begrüßen diese Entwicklung, doch die Industrie zeigt sich besorgt. Ingeborg Neumann, Präsidentin des Verbandes "textil+mode", sagte der "taz": "Was der Minister plant, gefährdet unsere Existenz."

SANVT-Gründer Benjamin Heyd will sich nicht an der Schlacht um ständig wechselnde Trends beteiligen, die morgen schon wieder vergessen sind. Mit seiner Ganzjahreskollektion will er ein Zeichen für die Wegwerfgesellschaft setzen. Er ist überzeugt, dass sich immer mehr Menschen für diesen Ansatz öffnen werden: "Für mich fängt Nachhaltigkeit beim Verbraucher an, der anfangen sollte, weniger, aber bessere Produkte zu kaufen". Auch im Lebensmittelbereich hat sich dieser Trend bereits durchgesetzt.

Den CO2-Fußabdruck seines Unternehmens kompensiert er durch die Unterstützung entsprechender Projekte, auch wenn er das "ungute Gefühl hat, Ablasshandel zu betreiben". Er hat seine Lieferwege verkürzt, so dass der ökologische Fußabdruck bei etwa fünf Kilogramm pro SANVT T-Shirt liegt. Trotzdem ist Benjamin Heyd überzeugt: "Am wichtigsten ist es, den Kunden den Wert des Produktes und die damit verbundenen Umweltauswirkungen bewusst zu machen, eine bloße Kompensation reicht sicher nicht aus."

Ein Text von Natalia Warkentin für FAZ.net